Von einer Dokumentenablage auf dem SharePoint hin zu einem integrierten Managementsystem
Anfang 2020 bekam ich einen Anruf und die Stimme meines Gegenübers klang recht verzweifelt: „Herr Fricke, helfen Sie uns! Wir wollen ein integriertes Managementsystem aufbauen, mit einem Mehrwert für unser Unternehmen, welches von den Mitarbeitern akzeptiert und auch gelebt wird.“ Dieser Bitte bin ich sehr gerne nachgekommen, da der Hilferuf von einem Geschäftsführer kam, der sich auf Empfehlung eines anderen Kunden gemeldet hat.
Der Geschäftsführer hatte erst vor Kurzem das Unternehmen übernommen und war nach dem letzten externen Audit zu der Überzeugung gekommen, dass das vorhandene QM-Handbuch nicht mehr zeitgemäß sei. Etliche Hinweise und Empfehlungen im Auditbericht bestärkten ihn in seiner Entscheidung, hier zukunftsweisend etwas zu verändern und ein agiles Managementsystem einzuführen.
Ein agiles Managementsystem – was bedeutet das eigentlich?
- Ein frühzeitiges Einbinden der Mitarbeitenden beim Aufbau und Weiterentwicklung des Managementsystems
- Durchführung von regelmäßig stattfindenden Reviews der Prozesse und Dokumente durch die verantwortlichen Personen, um die Aktualität des Managementsystems zu gewährleisten
- Durchführung von Prozessworkshops mit ausgewählten Mitarbeitenden, die operativ im Prozess handeln, um den Veränderungsprozess unter Berücksichtigung des Deming Kreises (PLAN, DO, CHECK, ACT) voranzubringen
- Frühzeitig Führungskräfte bzw. Prozessverantwortliche einzubeziehen, um proaktiv auf Änderungen von Rahmenbedingen des Managementsystems (Gesetze, Vorgaben, Normen, Kundenanforderungen, Stakeholder, interne und externe Themen, Risiko und Chancen etc.) einzugehen.
Bei meiner ersten Sichtung des vorhandenen QM-Systems (QMS) fand ich eine Dokumentenablage im SharePoint vor, die klassisch nach Dokumentenarten sortiert war. Arbeitsanweisungen, Dienstvereinbarungen, Formulare, Verfahrensanweisungen, etc. – man kennt das ja.
Die Verfahrensanweisungen waren noch in Textform beschrieben und der Verweis auf die mitgeltenden Dokumente erfolgte über manuell angelegte Hyperlinks.
Dieser Aufbau des QMS reichte meiner Meinung noch maximal für die Zertifizierung und die Urkunde an der Wand aber nicht mehr für ein zukunftsweisendes und nachhaltiges integriertes Managementsystem.
An diesem Punkt stand fest: Ein Qualitätsmanagementbeauftragter kann helfen
Wir einigten uns schnell, dass ich zukünftig die Aufgaben des Qualitätsmanagementbeauftragten (QMBs) als externer Dienstleister übernehmen sollte, mit dem Ziel, ein prozessorientiertes integriertes Managementsystem zu implementieren, welches nicht nur den Normanforderungen genügt, sondern auch sonst einen Mehrwert für das Unternehmen bringt.
Ein integriertes Managementsystem – was bringt uns das eigentlich?
- Eine Plattform, um die unterschiedlichen Anforderungen der Managementsysteme (Qualität, Arbeits- und Umweltschutz, Energie, Datenschutz, etc.) innerhalb der definierten und beschriebenen Prozesse abzubilden und in einem einzigen System zusammenzufassen
- Durch kontinuierliches Pflegen, Leben und Verbessern des ganzheitlichen Systems einen Mehrwert für das Unternehmen erzeugen – Grundlage für die kontinuierliche Verbesserung
- Aufbau von themenübergreifend geltenden, verständlichen, leicht lesbaren, unternehmens-weiten Prozessen
- Darstellung von Schnittstellen und der Wechselwirkung zu vor- und nachgelagerten Prozessen
- Vergleichbarkeit der Normsysteme durch gemeinsame Kernbegriffe und Anforderungen
(High Level Structure) - Steigerung der Effektivität und Effizienz durch das Nutzen von Synergien durch ein integriertes Managementsysteme nutzen (z.B. bei Fort- und Weiterbildung, Audits, Risikobewertung, etc.)
- Sicherstellung einer bereichs- und themenübergreifenden Zusammenarbeit
- Hohe Akzeptanz und Nutzen bei den Mitarbeitenden
Change-Management und Organisationsentwicklung
Der ehemalige QMB hatte das Unternehmen unmittelbar nach dem letzten Audit verlassen, so dass ich keine Möglichkeit mehr hatte, mich mit meinem Vorgänger abzustimmen. Diesen Umstand habe ich als Chance gesehen, die alte QM-Welt gemeinsam mit den Mitarbeitern des Unternehmens komplett zu überarbeiten, um sie dann neu strukturiert über das sycat IMS-Portal zur Verfügung zu stellen.
Was spricht für die Integration eines IMS und wie macht man das?
Im ersten Schritt wurde in einem Workshop mit den Führungskräften das Prozessmodell erarbeitet. Somit wurde eine Grundlage geschaffen, die vorhandenen Verfahrensanweisungen den entsprechenden Hauptüberschriften des Prozessmodells zuzuordnen. Alte Anweisungen, die keinen Sinn mehr ergeben haben, wurden natürlich nicht übernommen, sondern vorher zurückgezogen.
Sukzessiv wurden dann im sycat Process Designer die alten Prozessbeschreibungen in Prozessgrafiken abgebildet und mit weiteren Prozessinformationen, wie z.B. Arbeitsschritte, Kennzahlen, Normzuweisungen, Verantwortlichkeiten etc. ergänzt.
Modellierte Geschäftsprozesse auf Grundlage der Business Process Model and Notation (BPMN) in einer Grafik darstellen, war für das Unternehmen neu. Mit der angewandten OPD-Darstellung (Organisationsdarstellung, auch swimlane-Darstellung genannt) wird sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation in einer Darstellung grafisch abgebildet.
Mehrwert der Swimlane-Darstellung:
- Übersichtliche Prozessdarstellung
- Fördert das bereichsübergreifende Denken
- Darstellung von Verantwortlichkeiten und Kompetenzen auf einem Blick
- Nutzerorientierte Detaillierungsgrade
- Darstellung der Schnittstellen innerhalb des Prozesses mit den Input-/Output Informationen zu vor- und nachgelagerten Prozessen
Auch die anderen gelenkten dokumentierten Informationen wurden komplett durch verantwortliche Mitarbeitende des Unternehmens reviewed und nur übernommen, wenn Sie im Tagesgeschäft tatsächlich noch Verwendung fanden. Diese Herangehensweise war hier neu, hatte doch früher der QMB immer fast alle Dokumente überprüft und geändert.
Erfolgreiche Integration der sycat Prozessmanagementsoftware
Ende März 2020 hatten wir dann noch eine neue Herausforderung zu meistern: Corona. Dadurch, dass mir gleich zu Anfang meiner Tätigkeit ein Firmenlaptop zur Verfügung gestellt wurde, konnte ich meine Tätigkeit als QMB auch im Homeoffice ausüben. Somit habe ich mich vertragsgemäß 1x pro Woche online auf den Server des Unternehmens geschaltet, um das integrierte Managementsystem weiter aufzubauen. Auch die Prozessworkshops und Besprechungen haben so stattgefunden. Rückwirkend kann ich noch dazu feststellen, dass Corona bis heute zu keinem Zeitpunkt meine Tätigkeit als QMB behindert hat.
Anfang September im selben Jahr haben wir dann den SharePoint mit der alten QM-Dokumentation abgestellt und das neue sycat IMS-Portal allen Mitarbeitenden im Rahmen einer Online-Betriebsversammlung vorgestellt. Skeptische Teilnehmende, die weniger oder gar nicht an den Prozessworkshops interessiert waren, wurden schnell vom Mehrwert der „neuen Software“ und des neuen Weges überzeugt. Gerade die Suchfunktion des sycat IMS-Portals wurde als der große Vorteil hervorgehoben.
Den Suchbegriff eingeben und … mit 3 Klicks zum Ziel … bzw. zum gewünschten Dokument zu kommen, das hat schließlich auch den größten Bedenkenträger überzeugt.
Nach dem Audit ist vor dem Audit und somit konnten wir nach einem Jahr den Auditoren Mitte Januar 2021 das neue integrierte Managementsystem mit sycat vorstellen. Nicht nur Themen aus dem Qualitätsmanagement, sondern auch aus anderen Bereichen, wie z.B. Arbeitssicherheit, Datenschutz und Umweltmanagement sind jetzt im sycat IMS-Portal des Unternehmens verankert.
Das Feedback der Mitarbeitenden, der Führungskräfte, der Mitarbeitervertretung und auch der Geschäftsführung zum eingeschlagenen Weg war durchweg positiv. Auch die externen Auditoren haben die Entwicklung des IMS-Systems im Auditbericht gewürdigt.
Als positive Aspekte bei der Entwicklung des IMS-Systems wurden besonders herausgestellt:
- Eine organisationsneutrale Prozessdarstellung
- Die Akzeptanz der Mitarbeitenden
- Alle Mitarbeitenden finden schnell und leicht Ihre benötigten Informationen
- Optimierungspotenziale werden genutzt
- Einheitliche Prozessdarstellung
- Reduzierung von Schnittstellen
- Erfolgreiche Zuweisung von Prozessindikatoren (Kennzahlen)
- Vereinfachte Prozessdokumentation durch effektive und effiziente Dokumentenverwaltung
Wenn Sie überzeugt sind, dass auch Sie einen neuen, effektiveren und nachhaltigen Weg gehen möchten, freue ich mich, diesen gar nicht so langen Weg mit Ihnen gemeinsam zu gehen!
Beste Grüße aus Hannover,
Ihr Gunnar Fricke
Über den Autor
Gunnar Fricke
Gunnar Fricke ist seit über 20 Jahren Spezialist und Berater für Qualitäts- sowie Prozessmanagement. Mit seiner Expertise hilft er Unternehmen bei der Prozessaufnahme sowie beim Aufbau und Pflege von integrierten Managementsystemen. Bei der Analyse und Verbesserung von Geschäftsprozessen steht er Ihnen jederzeit mit seinem fachlichen Know-how und seiner langjährigen Erfahrung zur Verfügung.
Sein persönliches Ziel: Der Aufbau eines kundenorientierten integrierten Managementsystems, welches von jedem Mitarbeiter bei seiner täglichen Arbeit als Mehrwert erkannt und geschätzt wird.